Wie funktioniert Marke? Orientierungs- und Leitsysteme

Krankenhäuser sind öffentliche Einrichtungen und als solche besonders stark frequentiert. Den ganzen Tag über laufen Patienten, Angehörige, Besucher und Lieferanten kreuz und quer in dem Gebäude herum. Meist sind sie auf der Suche nach einem bestimmten Ort: Einem Patientenzimmer, dem Labor, der Caféteria, dem Kiosk, dem Röntgenraum oder dem Stationszimmer. Ohne »stumme« Hilfen wäre der durch unendliche »Wo finde ich bitte ...«, »Können Sie mir den Weg zeigen zu ...« verursachte Geräuschpegel hoch. Aber nicht nur das: Orientierungs- und Leitsysteme sind der erste Eindruck, den Patienten und andere Besucher von einem Krankenhaus haben. Besuche in Krankenhäusern finden meist unter emotionalem Druck statt. Umso höher ist die Frustration, wenn einfache Abläufe nicht funktionieren. Maßgeblich zahlt das Orientierungs- und Leitsystem somit auf das Image der Gesundheitseinrichtung ein. Denn für Besucher zeigt sich genau hier, ob eine Klinik strukturiert, aufgeräumt und zielgerichtet arbeitet. Das Orientierungs- und Leitsystem ist im wahrsten Sinne des Wortes Aushängeschild für das Unternehmen. Vergeben Sie sich diesen ersten wichtigen Eindruck nicht, denn ihn später rückgängig zu machen, kostet umso mehr Kraft und Energie.

 

Kampf den Schilderwäldern

Viele Orientierungs- und Leitsysteme scheinen nach dem Prinzip zu funktionieren: Alle dürfen und keiner plant. Die Folge: Unendliche Schilderwälder. In keiner Branche ist der Schilder-Wildwuchs so stark wie im Gesundheitswesen. Kein Wunder, denn nirgendwo ist die Fluktuation von ortsunkundigen Menschen so hoch wie in einem Krankenhaus. Und keiner der Patienten bekommt bei der Aufnahme eine persönliche Führung durch die Räumlichkeiten. Und so sehen sich genervte Schwestern genötigt, ihren Pausenraum mit den Worten „Labor eine Tür weiter“ zu schützen. Unfreundlich oder berechtigt? Tatsächlich sollten sich Mitarbeiter statt der »Wegweiser-Funktion« besser auf ihre fachlichen Aufgaben konzentrieren. Deswegen ist eine detaillierte Planung wichtige Voraussetzung für ein Orientierungs- und Leitsystem.

 

Leiten oder orientieren?

Die Theorie unterscheidet zwischen Leitsystem und Orientierungssystem. Leitsysteme leiten den Benutzer zu einem gewünschten Ziel hin. Voraussetzung hierfür ist, dass er das Ziel bereits kennt. Hauptaufgabe eines Leitsystems besteht darin, Richtungsentscheidungen zu unterstützen, z.B. an Wegverzweigungen, Treppen, Aufzügen etc. Orientierungssysteme hingegen dienen der Lokalisierung bestimmter Objekte wie z.B. einzelner Stationen. Beide Systeme sind natürlich nur in ihrer Funktion unterscheidbar. Inhaltlich und visuell müssen sie aufeinander abgestimmt sein.

 

Alles eine Frage der Planung

Das Orientierungs- und Leitsystem hat nicht nur die Aufgabe, die Architektur so wenig wie möglich zu stören, sondern muss sich nach Nutzergruppen und deren Anforderungen, Besucherströmen und -verläufen, Prioritäten etc. richten. Orientierungs- und Leitsysteme sind daher immer eine Frage der Kommunikation und sollten von den dafür verantwortlichen Agenturen oder Designern übernommen oder zumindest mitentwickelt werden. Generell ist für die Konzeption eines effektiven und auf die Besucher zugeschnittenen Orientierungs- und Leitsystems eine genaue Bestandsaufnahme anhand von Ortsbegehungen und Grundrissen notwendig. Auf den Gebäudeplänen werden die Stellen gekennzeichnet, an denen eine Orientierungshilfe für die Benutzung notendig ist - je weniger, desto besser. Dabei reicht oftmals schon das Notieren des Schildertyps um zu beschreiben, welche Aufgabe das leitsystem an dieser Stelle übernehmen muss: 

– Pylone, Übersichtstafeln etc.: Diese Schildertypen dienen der Übersicht. Sie zeigen zusammenhängend alle Etagen, Fachbereiche, Abteilungen, wichtige Orte usw. auf. 

– Richtungshinweisschilder, Deckenabhänger etc.: Diee Schildertypen dienen der Leitung. Sie weisen an bestimmten kritischen Stellen in eine bestimmte Richtung. 

– Fassaden-Schriftzüge, Türschilder, Fahnenschilder, Folienplotts etc.: Diese Schildertypen dienen der Kennzeichnung. Sie beschreiben, was sich in einem bestimmten Gebäude oder Raum befindet. 

 

Weniger ist mehr

Die Hersteller bieten mittlerweile ein riesiges Portfolio an unterschiedlichen Schildertypen. Auch wenn es schwer fällt: Versuchen Sie, sich auf einige wenige Schildertypen zu beschränken. Aber beachten Sie die Flexibilität des Systems. Denn nirgendwo gibt es so vile Veränderungen wie im Gesundheitswesen: (Chef-) Ärzte kommen und gehen, neue Fachbereiche oder Zusatzleistungen werden angeboten, ein MVZ entsteht...

Das system muss entsprechend modular sein, damit Sie es schnell und kostengünstig verändern können. Das Gleiche gilt für die Gestlatung:

Verwenden Sie so wenig Schriftarten, -größen und -farben wie möglich. Um Orientierung zu geben, braucht es immer wiederkehrende Formen und Raster, die der Nutzer im Laufe seiner Suche »lernt« und die er vor jedem neuen Schild immer schneller dekodieren kann. Schildergrößen und -formate variieren dabei je nach Standort und Inhalt. Und auch für die Schildtexte und -inhalte gilt: 

So vereinfachend, kurz und prägnant wie möglich. Dabei ist es wichtig, im gleichen Wording zu bleiben, das heißt, wenn Sie auf ihrem Eingangspylon die »Frauenklinik« vermerken, sollten Sie auf den Schildern im Fahrstuhl nicht »Gynäkologie« aufführen. Das verwirrt unnötig. Wenn Sie Text sparen wollen, können Piktogramme hilfreich sein. Sie sind Platz sparend und international anwendbar, weil sprachunabhängig. In Zeiten der Globalisierung ein wesentlicher Vorteil. Ein weiteres Spielelement der Litsysteme sind Farbcodierungen bspw. zur Unterscheidung bestimmter Etagen, Fachbereiche oder Funktionalitäten. Überlegt und strukturiert eingesetzt, können sie das Orientierungs- und Leitsystem sehr bereichern. Eine professionelle Umsetzung der Gestaltung stellt die Qualität, Aussagekraft und ein einheitliches Erscheinungsbild sicher. 

In diesem Sinne: Warten Sie nicht darauf, dass sich die Nutzer verlaufen, sondern nehmen Sie die Orientierung in Ihrem Haus aktiv in die Hand. Dann wird Führung zu Verführung! 

 

 

Dezember 2010
Josephine Röwekamp
KU Gesundheitsmanagement
KU Gesundheitsmanagement

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